Berlin Exhibition Showcases Iranian Art - Harpers Bazaar Arabia

19.01.2017

The Box Freiraum gallery presents A Heritage Transposed, a group show of contemporary Iranian artists, and a discussion on Art In Iran And The Diaspora.

Published on Harpers Bazaar Arabia, 19.01.2017

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Junge Flüchtlinge als Dichter - Ihre Gedichte sind auch unsere Geschichte - von Jan Russezki, F.A.Z.

Als unbegleitete Minderjährige sind sie zu uns geflohen. Gedichte sind für die acht Jugendlichen, der Tradition ihrer Heimat gemäß, ein Weg, ihre Erlebnisse zu schildern. Jetzt stellen sie ihre Werke in Berlin vor.

06. September 2016 | F.A.Z.

© Gudrun SengerKahel Kaschmiri ist aus Ghazni in Afghanistan, wo die Taliban die Region stark infiltriert haben. Kaschmiri überträgt seine Fluchterfahrungen nun in Gedichten auf eine Berliner Bühne.

© Gudrun Senger
Kahel Kaschmiri ist aus Ghazni in Afghanistan, wo die Taliban die Region stark infiltriert haben. Kaschmiri überträgt seine Fluchterfahrungen nun in Gedichten auf eine Berliner Bühne.

Wer eine Kultur verstehen will, der liest ihre Literatur. Um Deutschland zu verstehen, liest man seine Romane und Erzählungen. Der persischen Kultur hingegen nähert man sich am besten durch ihre Gedichte, ihnen kommt dort eine bedeutendere Rolle zu als bei uns. Ganze Generationen schreiben in lyrischer Sprache am Zeitgeschehen mit. Sie äußern ihre Gedanken und Gefühle zur Geschichte und Politik des Landes, aber auch zu Alltäglichem. Bei Festessen werden selbstgeschriebene Verse vorgetragen, genauso den Geliebten, und auch Familiengeschichten werden in ihnen festgehalten. Schon im Kindesalter nähern sich die Menschen auf diese Weise der Versform und Geschichte. Was erinnert werden soll, wird zum Gedicht, und was zum Gedicht wird, bleibt in Erinnerung.

Dass man dafür kein gestandener und prominenter Dichter sein muss, zeigen acht Jugendliche aus dem Iran und Afghanistan. Sie alle sind zwischen vierzehn und achtzehn Jahre alt und allein nach Berlin geflohen. In einem wöchentlichen Poesie-Workshop des Anwalts Aarash D. Spanta, der Journalistin Susanne Koelbl und des Künstlers Rottkay reflektierten sie ihre eigene Geschichte in Gedichtform. An diesem Dienstagabend, vor der offiziellen Eröffnung des Berliner Literaturfestivals, tragen sie sie der Öffentlichkeit vor. Sie lesen auf Persisch von ihren Gefühlen, Fluchterfahrungen und Erwartungen, dazu lesen die Schauspielerinnen Lydia Schamschula und Julia Huston die deutschen Fassungen.

Mit dem Projekt wolle sie die Fremdheit überwinden und die Poesie als Brücke zwischen den Menschen nutzen, sagt eine Gründerin des Workshops, Susanne Koelbl. Und tatsächlich vermitteln die Gedichte intime Einblicke in die Köpfe der Poeten und beschreiben, was Menschen auf der Flucht erleben. Der fünfzehn Jahre alte Ali Ahmade aus Bamian in Afghanistan schildert in seinem Gedicht die Ungewissheit seiner Zukunft, als er an der türkischen Küste ein Boot nach Griechenland besteigt:

Sei ruhig, sagst du zu mir und erinnerst mich daran,
dass du doch da bist.
Was morgen ist, das weiß ich nicht.
Verzeih, dass ich von morgen nichts sagen kann.
Aber heute bin ich ja noch da.

Ahmade vereint in diesem Gedicht die wichtigsten Themen der jungen Poeten: Flucht und Eltern. Fast alle Gedichte reflektieren die Flucht und verbinden sie zusätzlich mit ihrer Heimat, dem Glauben, der Frage nach sich selbst, aber am häufigsten mit ihren Eltern. Es verdeutlicht die Einsamkeit, die Unfreiwilligkeit der Flucht und immer wieder die Kraft, die allein der Gedanke an die beistehende Mutter spendet. Oder die natürliche Präsenz des entfernten Vaters, die Shahzamir Hataki wahrnimmt: „Du leuchtest wie die Sterne, mein Vater, / du bist hell wie der Mond.“ Vor allem aber verdeutlichen die Verse, dass es sich noch fast um Kinder handelt, die sich hilflos immer weiter von ihrer Heimat entfernen mussten – angetrieben von dem Willen, ihrer Familie zu helfen. Oder von Schleppern und dem Tod vorangetrieben, wie es Tamim aus Takhar in Afghanistan erzählt:

Es war nahe der Stadt von Maku.
Ein Toter lag auf dem Weg.
Sein Kopf war mit einem Tuch bedeckt.
Ein kleiner Junge wollte nicht
weitergehen.
Der Schmuggler sagte, ich zeige dir etwas,
danach wirst du schon laufen.
Und er führte ihn zu dem Toten.[…]

Was eine Flucht bedeutet, zeigt auch ein Auszug aus Shahzamir Hatakis Gedicht:

65 Menschen waren auf dem Boot. Der
Schmuggler deutete auf einen Berg, dort
ist Griechenland, sagte er.
Das Wasser fiel wie Wände auf uns
herab. Der Motor stoppte. Es waren viele
Kinder im Boot. Es kenterte.
Ich kann nicht schwimmen.
Zwei Minuten blieb ich unter Wasser, die
rote Weste zog mich an die Oberfläche.
Ich hatte furchtbare Angst. Es war
sehr kalt.
Alle schrien. Ich auch. Vor mir war
ein Kind. Ich tröstete es, du musst
nicht weinen, und ich wusste es doch
besser. Eine Mutter ertrank vor
meinen Augen, ihr Kind im Arm. […]

Berührende und dramatische Gedichte wie diese vermitteln eine Vorstellung von der Flucht und bringen uns die Menschen näher, die sie verfasst haben. Sie sind Zeugnisse der aktuellen humanitären Krisen. Aber auch ihre Kultur wird in der Lyrik vermittelt, denn obwohl die jugendlichen Dichter zum Teil ihre ersten Gedichte verfassen und nicht immer eine kontinuierliche Bildung genossen haben, zeigen die Texte, in welcher kulturellen Tradition sie stehen. Ähnlich wie die bekanntere persische Dichtung wirken diese Gedichte erzählend und prosaisch ohne den Gedichtcharakter zu verlieren.

Die lyrische Musikalität der jungen Poeten ist kaum ins Deutsche übertragbar. Beim 16. Internationalen Literaturfestival in Berlin kann man ihrer Dichtung, von ihnen selbst vorgetragen, zuhören und mit ihnen in Kontakt kommen. Die Geschichten, die sie erzählen, sind real, berührend und schreiben nun auch einen Teil der deutschen Geschichte.

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Quelle: F.A.Z.

Ein Zelt für Nomaden - von Irmgard Berner, ZITTY

23. August 2016 | ZITTY

Von Irmgard Berner

Noch bis Ende August läuft das Project Space Festival - und bietet Besuchern wie Teilnehmern erstmals einen festen Anlaufpunkt: ein Zirkuszelt im Zentrum der 31 mitwirkenden Kunstorte

NOTE ON: 26.8.2016 „Global Female Inventories“ mit Jeanno Gaussi, Dreams on Wheels (Detail), Acryl auf Holz, 2013 © Jeanno Gaussi/ Galerie Koal

NOTE ON: 26.8.2016 „Global Female Inventories“ mit Jeanno Gaussi, Dreams on Wheels (Detail), Acryl auf Holz, 2013 © Jeanno Gaussi/ Galerie Koal

Eine Brache, darauf ein gelb-rotes Zirkuszelt, darin nichts außer einigen Klappstühlen und zwei Stehtischen auf dem blanken Erdboden. Provisorisch, unprätentiös – und gut besucht. „Unser Zentrum“, sagt Heiko Pfreundt stolz, der gemeinsam mit der Kuratorin Marie-José Ourtilane die neue künstlerische Leitung des „Project Space Festival“, des Projektraum-Festivals 2016innehat.
Hier in Berlins wertvollster Mitte, auf der verwilderten Wiese hinter dem Theaterhaus in der Wallstraße, hat die Festivalleitung das „Center of Minimum Distance“ aufbauen lassen – als kleinsten gemein­samen Entfernungsnenner zwischen den beteiligten Ausstellungsorten. Das mag sinnvoll sein, bespielt das Festival doch an jedem Augusttag einen anderen Berliner Projektraum: 31 Orte an 31 Tagen. In den Vorjahren wurde das Fest als reine Tour organisiert. „Mit dem Zentrum“, sagt Pfreundt, „geben wir einen Raum – ohne Kunst, aber für ein Gefühl von Kommunalität.“ Das ­ähnelt allemal dem, was einen Projektraum ausmacht: Dialog, Austausch, Begeisterung – ein kunsterfülltes Soziotop.

Nabelschau der Projekte

Zum dritten Mal findet dieses umtriebige, unkonventionelle und aufschlussreiche Festival statt. 70 Bewerber gab es und zum ersten Mal Förderung aus Mitteln der City Tax. Mit dem Landespreis für künstlerische Projek­träume und –initiativen, der seit 2012 vergeben wird, hat es aber nichts zu tun, auch wenn fünf Teilnehmer des Festivals zu den diesjährigen Gewinnern des Preises zählen, den Kulturstaatssekretär Tim Renner im September verleihen wird.
Das Project Space Festival dient als eine Art ­Nabelschau und Seismograf der aktuellen Berliner Projektraum-Szene. Wobei Berlin zu kurz gegriffen ist, denn erstmals öffnet sich das Festival für auswärtige Teilnehmer. So präsentierten sich aus Köln Bruch & Dallas und aus Kassel Tokonoma in Berlin. 24 Stunden hat jeder Zeit, eine Ausstellung oder Performance zu zeigen.
Projekträume spiegeln Tendenzen. Anders als in der Aufbruchszeit der 90er-Jahre, ist Wohnen und Arbeiten unter einem Dach nicht mehr üblich. Praktiziert wird es noch von Apartment Project in Neukölln, der ersten türkischen Gründung, und vom Kunsthaus KuLe in Mitte, das mit 25 Jahren der älteste Teilnehmer ist. Vielerorts hat dagegen das Nomadische das freie Kunstschaffen erfasst. Der Comedy Club und die ­Galerie BRD existieren nach diesem Prinzip: Sie haben gar keinen festen Ort.

Kurz und knackig

Das Flüchtige und Temporäre ist nicht der Kunst allein geschuldet, sondern vor allem dem Verlust von benutz- und bezahlbaren Räumen durch Entmietung und Gentrifizierung. Genau darauf reagiere die Projektraum-Szene in großem Maß, sagt Pfreundt, der sonst beim Kreuzberg Pavillon mitwirkt. Sie eigne sich die Entortung an und implementiere sie in die eigene Praxis. Die Wahl des Ortes oder Nichtortes wird Teil von Selbstverständnis und Strategie.
„Das Konzept ist fantastisch“, sagt Carola Rümper von mp43 – projektraum für das periphere, der neu dabei und in Marzahn-Hellersdorf an die kommunale Galerie M angebunden ist. Sie habe kurze, knackige Ausstellungsformate ohnedies lieber als langlaufende. Der August sei meist Flautezeit, zudem sei sie gespannt auf die Treffen mit den anderen Teilnehmern. Im Zentrumszelt verknüpfen sich bereits die Netzwerkfäden.

Noch bis 31.8., täglich
23. August:
16–22 Uhr drucken/falten/binden; 20 Uhr leben nebel, Performance by Karin Krautschick
LAGE EGAL RAUM FÜR AKTUELLE KUNST, Danziger Str. 145, Prenzlauer Berg
24. August: 19–22 Uhr COMEDY CLUB c/o Ecke Tegeler Straße & Fennbrücke, Am Nordhafen, Wedding/ Moabit
25. August: Larrys Show on the run, 19.30 Abfahrt ab LARRY, Chausseestr. 131, Mitte
26. August: Global Female Inventories, 17-21 Uhr, NOTE ON c/o BOX Freiraum, Boxhagener Str. 93/96 (Innenhof), Friedrichshain
27. August: Off the Record, NEUE BERLINER RÄUME, 11h, 15h, 19h , Treffpunkt: Nollendorfplatz: Kleiststr. / Ecke Motzstr. Begrenzte Teilnehmerzahl. Bitte für einen der Termine anmelden : info@neueberlinerraeume.de
28. August: FRANKFURT AM MAIN: „Park View“ – Gruppenausstellung. 16 Uhr, Leipziger Str. 40, Mitte
29. August: SCHNEEEULE: Skulpturale Arbeiten, ab 19.00, c/o ACUD STUDIO, Veteranenstr. 21, Mitte
30. August: KINDRHOOK & CARACAS, Premiere: CONGLOMERATE – Block Two, Film, 20 Uhr, c/o Moviemento,
Kottbusser Damm 22, Kreuzberg
31. August: KuLe & AFROTAK TV cyberNomads: No Amnesty on Genocide Deutschland, 18-20 Uhr, Auguststr. 10, Mitte
Zentrales Zelt: Theaterhaus Berlin Mitte, Wallstraße 32 – Haus C, Mitte, U2 Märkisches Museum,U8 Heinrich-Heine-Straße
Alle: www.projectspacefestival-berlin.com

Die Farben unseres Europas kennen keine Grenzen - von Sebastian Bauer, Berliner Zeitung

9. August 2016 | Berliner Zeitung

Von Sebastian Bauer

In der Ausstellung „As If, At Home“ erzählen Künstler wie Norbert Bisky von einer Welt bedrohter Freiheiten.

Norbert Bisky verarbeitet bei „2014“ (2014) innere Zerrissenheit in Bezug auf die Ukraine-Krise (Foto: Georg Moritz .)

Norbert Bisky verarbeitet bei „2014“ (2014) innere Zerrissenheit in Bezug auf die Ukraine-Krise (Foto: Georg Moritz .)

Es ist wohl die richtige Ausstellung zur richtigen Zeit. Im Box Freiraum in Friedrichshain zeigen elf europäische Künstler bei „As If, At Home“, warum unser Kontinent zusammen- und nicht in abgeriegelte Einzelstaaten zergliedert gehört.

Da sind zum Beispiel die Gemälde der Griechin Lia Kazakou (35), auf denen Hände oder Gesichtspartien mit kleinen Gesten eine große Geschichte über den Abgebildeten erzählen. „Ich fühle mich wie eine Weltkünstlerin“, so Kazakou. Dankbar ist sie, dass ihre Landsleute im vergangenen Jahr, anders als die Briten, für einen Verbleib in der Europäischen Union stimmten. „Zum Glück sind wir noch Teil der EU“, sagt sie.

Die Griechin Lia Kazakou interessiert sich für die Details des menschlichen Körpers („Untitled“, 2015) (Foto: Georg Moritz .)

Die Griechin Lia Kazakou interessiert sich für die Details des menschlichen Körpers („Untitled“, 2015) (Foto: Georg Moritz .)

Wie es ohne grenzüberschreitendes Miteinander aussieht, kennt unter den Künstlern am ehesten Norbert Bisky (45), der in der DDR aufwuchs. „Daher weiß ich meine Freiheit vielleicht mehr zu schätzen als andere. Ohne die Verhältnisse, die wir in Europa haben, könnte ich meinen Beruf nicht ausüben“, sagt er. „Wenn es zum Beispiel einen blöden Diktator gäbe, der mir sagt, was ich zu tun und zu pinseln habe.“

Bisky, der in den USA und Israel lebte, plädiert für einen lebendigen Austausch mit anderen und sagt: „Welch ein entsetzlicher Gedanke wäre es, nur unter uns rumzuhängen.“ Mit Worten und seinen Gemälden möchte er ein Freiheitsprediger sein. Bisky: „Wir sollten den Meinungsraum nicht nur den Idioten überlassen. Die coolen Leute sollen auch mal sagen, was sie denken.“

Spiel mit dem Feuer: der Syrer Ali Kaaf schuf seine Glasskulptur „Helmet No. 4“ (2012) über einer Flamme (Foto: Georg Moritz .)

Spiel mit dem Feuer: der Syrer Ali Kaaf schuf seine Glasskulptur „Helmet No. 4“ (2012) über einer Flamme (Foto: Georg Moritz .)

Das gelte sogar angesichts steigender Terror-Gefahr und Gewalt gegen Homosexuelle, wie in Orlando. „Ich bin kein ängstlicher Mensch“, so Bisky. „Ich weiß aber, dass ich als Künstler als Erster betroffen bin und viel zu verteidigen habe. Deswegen und weil ich so lebe, wie ich möchte, stehe ich auf der Terrorliste ganz weit oben.“

Sean Scullys dunkle Farbstudie „Landline Inwards“ (2015) (Foto: Georg Moritz .)

Sean Scullys dunkle Farbstudie „Landline Inwards“ (2015) (Foto: Georg Moritz .)

Davon abschrecken lassen sich er und die anderen zehn Künstler nicht. „Ich mache immer, was ich will“, sagt der irischstämmige Maler Sean Scully (71), bevor er in Bukowski-Manier in sein Weißweinglas abtaucht. Und der syrische Wahl-Berliner Ali Kaaf (38) sieht bezüglich seiner Heimat Hoffnung am Ende des Tunnels. Wobei er ergänzt: „Ich wohne in Neukölln. Das ist meine Heimat. Und die Welt.“

Bis 31.10., Mi.–Sa., 14–18 Uhr, Box Freiraum, Boxhagener Straße 93/96, Friedrichshain, Eintritt frei, ☎ (0151) 40 16 04 44